Kryptowährungen als Treasury-Anlage für Unternehmen

In den letzten Monaten haben große Unternehmen wie Tesla und MicroStrategy Schlagzeilen gemacht, weil sie Bitcoin gekauft haben. Und sie sind nicht allein. Andere Unternehmen wie der Spielegigant Nexon, GoldenTree Asset Management und die Kryptobörse Coinbase folgen ihrem Beispiel und nehmen ebenfalls Kryptoanlagen in ihre Bilanzen auf. Doch was bringt ein Unternehmen dazu, einen solchen Schritt in unerforschte Gewässer zu wagen? Und sind diese Institutionen nur Einzelfälle oder gibt es hier einen Trend?

Gastbeitrag von Daniel Jungen und Pascal Hügli

Das Zeitalter der Negativzinsen

Die Erhaltung des realen, inflationsbereinigten Wertes von Unternehmensanleihen ist schon seit einiger Zeit eine Herausforderung. Das Problem hat sich jedoch in den letzten Jahren verschärft, da heute nicht einmal mehr der Nominalwert garantiert ist. Angesichts der Negativzinsen zahlen die Unternehmen jetzt für die Einlage ihres Geldes bei Banken. Die staatliche Bank PostFinance in der Schweiz verlangt zum Beispiel -0,75 % für Einlagen über 100’000 CHF. Alternativen zu Bankeinlagen sind schwer zu finden. Die Anlage von Teilen der Unternehmensfinanzen auf den Geldmärkten mindert das Problem nicht. Die Renditen sind so niedrig, dass sie die Inflation kaum oder gar nicht kompensieren.

Die Anlage in Aktien oder Anleihen setzt ein Unternehmen den Risiken des Aktienmarktes aus, was vor allem bei eigenen Vermögenswerten oft unerwünscht ist. Die letzte Möglichkeit ist der Rückkauf der eigenen Aktien eines Unternehmens. Da sich die Aktienmärkte jedoch auf einem Allzeithoch befinden und die Unternehmen mit überdurchschnittlich hohen Multiplikatoren bewertet werden, scheinen Aktienrückkäufe nicht die beste Möglichkeit zu sein, hart verdientes Geld zu verwenden.

Ist die Inflation das wahre Problem?

Für viele Unternehmen sind Zinssätze von -0,50 % pro Jahr zwar ärgerlich, aber nicht existenzbedrohend. Aber was ist mit den Inflationsraten? In den USA ist die Inflationsrate in den letzten Monaten stark angestiegen und liegt nun bei rund 5 %, ein Trend, den Experten aufgrund der laufenden quantitativen Lockerung durch die FED genau beobachten. In der Schweiz liegt der geschätzte Verbraucherpreisindex (VPI) bei 0,4 % für 2021 und 0,5 % für 2022. Die Schätzungen für die EU liegen mit 1,5 % für 2021/22 nur geringfügig höher. Somit scheint die VPI-Inflation in Europa derzeit kein Problem darzustellen.

Wichtiger ist jedoch die Inflation der Vermögenspreise von Aktien, Rohstoffen, Immobilien und Kunst – mit anderen Worten, die “Blase für alles”. Sachwerte haben sich stark verteuert, insbesondere seit dem Ausbruch von Covid-19 im März 2020. Obwohl die Realwirtschaft turbulente Zeiten durchläuft, sind die Preise von Vermögenswerten nur kurz gefallen und haben sich sehr schnell wieder erholt und sind in vielen Fällen auf neue Höchststände geklettert. Die wirtschaftlichen Auswirkungen von Covid-19 sind real, aber die Vermögenspreise scheinen davon nicht betroffen zu sein. Im Gegenteil, sie befinden sich im Aufschwung.

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Abbildung 1: S&P 500 (SPX) gegenüber der Fed Bilanz (FARBAST INDEX)

Raoul Pal, einer der weltweit führenden Makro-Investoren, erklärt in einem aktuellen Video, wie er allmählich einen neuen Weg gefunden hat, um zu verstehen, was derzeit auf den Märkten vor sich geht. Als er sich ein Diagramm des S&P 500 Aktienmarktindex, der allein im letzten Jahr ≈33% zulegte, neben der Fed-Bilanz ansah, kam ihm ein Moment der Klarheit. Vergleicht man den S&P 500 nicht mit seiner Dollar-Bewertung, sondern mit der Fed-Bilanz, wird das wahre Bild des Aktienmarktes deutlich. Wenn man den richtigen Nenner verwendet, sehen Aktien unterbewertet aus, wie es in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sein sollte.

Erhöhte Vermögenspreise, die in Dollar berechnet werden, sind letztlich das Ergebnis der stark gestiegenen Geldmenge der Fed in den letzten Jahren. Betrachtet man sie mit dem richtigen Nenner, der die Fed-Bilanz sein muss, sind die Preise flach. Dies gilt sowohl für Gold, Immobilien als auch für Aktien. Der S&P 500 beispielsweise ist in den letzten zehn Jahren nominell um durchschnittlich 15 % pro Jahr gestiegen. Aber das gilt auch für die Fed-Bilanz. Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung, dass die realen Renditen des S&P 500 viel niedriger waren als die offizielle inflationsbereinigte Rendite von 12 %.

Die wahre Inflationsrate

In Anbetracht dieser Fakten liegt die reale Inflationsrate des US-Dollar Schätzungen zufolge bei etwa 15 % pro Jahr. Da die meisten anderen Währungen dem US-Dollar der Fed folgen, vor allem die EZB, ist die allgemeine Entwertung von Fiat-Währungen sichtbar, wenn man sie mit Sachwerten vergleicht. Das bedeutet, dass Ihre Ersparnisse – und als Unternehmen Ihre Finanzmittel – eine jährliche Rendite von 13 % bis 15 % erwirtschaften müssen, nur um in Bezug auf die realen Kapitalkosten unverändert zu bleiben. Nicht die Preise von Vermögenswerten steigen, sondern die Preise von Fiat-Währungen sinken.

Für Treasurer in Unternehmen stellt sich daher die Frage, welche Vermögenswerte ihre Ersparnisse vor einer jährlichen Abwertung von 15 % schützen können. Wie bereits angedeutet, werden traditionelle, risikoarme und ertragsarme Anlagen wie Anleihen oder Geldmarktinstrumente diese Aufgabe nicht erfüllen. Wie oben zu sehen ist, schafft es selbst der S&P 500 kaum, mit der realen Inflationsrate Schritt zu halten. Eine Möglichkeit sind FAANG-Aktien (Facebook, Amazon, Apple, Netflix, Google), die in den letzten 10 Jahren eine nominale jährliche Rendite von 38 % erzielt haben.

Bitcoin

Bitcoin gegen die Inflation

Aber der Vermögenswert, der dieses Gelddrucken und die Inflationsrate in den letzten 10 Jahren dramatisch übertroffen hat, ist Bitcoin. Wenn wir Bitcoin in Bezug auf die Bilanz der G4-Zentralbanken betrachten, sehen wir mit großer Klarheit, dass Bitcoin das Wachstum dieser Bilanz um eine Größenordnung übertroffen hat. Die absolute digitale Härte von Bitcoin mit seiner Begrenzung auf 21 Millionen Münzen macht ihn zum perfekten Gegenmittel gegen die Zentralbanken und ihre grenzenlose und unaufhaltsame Geldschöpfung. Da Bitcoin ein noch härterer Wertaufbewahrer als Gold ist, hat er das Potenzial, ein massives schwarzes Loch zu sein, das unglaubliche Mengen an Kapital aufsaugt und damit alle anderen Vermögenswerte übertrifft.

G4 Chart

Abbildung 2: Ration G4 Bilanz der Zentralbanken vs. Bitcoin

Krypto als Sicherheitsnetz mit Aufwärtspotenzial

Unternehmen wie Tesla, MicroStrategy, Square und eine lange Liste anderer haben die hervorragenden Eigenschaften von Bitcoin als Inflationsschutz und hervorragendes Wertaufbewahrungsmittel erkannt. Sie alle haben Teile ihres Vermögens in Bitcoin investiert und nutzen die Kryptowährung als Sicherheitsnetz gegen Währungsabwertung sowie als hervorragende Investitionsmöglichkeit. Bitcoin ist die ultimative risikofreie Anlage, die sich derzeit noch wie eine risikofreudige Anlage verhält. Aufgrund seiner hohen Liquidität können selbst große Bitcoin-Beträge schnell in Fiat-Währung umgetauscht werden, wenn der unmittelbare Bedarf entsteht. Tesla hat dies vor einigen Monaten in einer unerwarteten Aktion bewiesen, indem das Unternehmen innerhalb kurzer Zeit 10 % seiner BTC-Bestände verkaufte.

Aber nicht nur Bitcoin, sondern auch andere Krypto-Assets haben das Potenzial, von diesem Black-Hole-Effekt zu profitieren. Krypto-Projekte, die Smart Contracts anbieten, wie Ethereum, Cardano oder Solana, sowie Kryptowährungen mit einer festen Obergrenze, wie Litecoin oder Bitcoin Cash, können ihren Inhabern ähnliche Funktionen bieten. Insbesondere Ethereum mit seinen derzeit deflationären Tendenzen und seiner starken Position als weltweit führende Smart-Contract-Plattform ist gut positioniert, um anhaltende Kapitalzuflüsse zu verzeichnen.

Für Corporate Treasurer kann es daher sinnvoll sein, Teile ihres Corporate Treasury nicht nur in Bitcoin, sondern in einen Korb der Top-Krypto-Assets zu investieren.

Haftungsausschluss

Die hier geäußerten Meinungen sind die der Autoren. Sie geben nicht die Meinungen oder Ansichten der FICAS AG und/oder der Bitcoin Capital AG oder ihrer Mitglieder wieder. Die in dieser Publikation verwendeten Bezeichnungen und die Darstellung des Materials bedeuten nicht, dass die FICAS AG und/oder die Bitcoin Capital AG irgendeine Meinung äußert.

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